Am Mittwochmorgen haben Aktivisten der Klimagruppe „Letzte Generation“ auf der Jahnallee in Leipzig die Fahrbahnen in beide Richtungen blockiert.
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Den Akteuren geht es um einen Vergleich: „Die Proteste der Landwirte zeigen: Straßenblockaden und Demonstrationen können eine Veränderung in der Politik der Bundesregierung bewirken“, sagt Lennart Wenzel. Der Masterstudent der Luft-und Raumfahrttechnik hat sich auf einen mitgebrachten grünen Spielzeugtraktor auf die Straße gesetzt. „Was die Bauern und Bäuerinnen anders gemacht haben: Sie haben Traktoren mitgenommen. Das machen wir nun auch.“
Aus der ironisch gefärbten Strategie spricht auch Frustration. „Wir fragen uns, warum man in Berlin den Protesten der Bauern so viel offener gegenübersteht als denen der Klimagerechtigkeitsbewegung“, so der 27-jährige Wenzel. Auf mitgebrachten Plakaten steht „Wir dürfen das. Wir haben einen Traktor“ oder „Hört auf uns, wir haben Traktoren!“.
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Jaja schon klar. Wir alle können einfach in den Bundestag reinmarschieren und die Abgeordneten davon Überzeugen, dass dieses und jene Produkt schlecht für die Umwelt ist auch wenn die Agrarindustrie etwas anderes sagt und das dann auch alles mit eigenen Studien belegen.
In der Theorie klingt die parlamentarische Demokratie wundervoll, im Detail ist sie aber ein Bürokratiemonster und insgesamt ist sie zu schwach ausgeprägt um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht werden zu können. Da kannst du noch so oft grün wählen, ändern wird sich dadurch nicht viel, da die Macht hintenrum geht. Meine Meinung.
Das ist ein gutes Vehikel um Verantwortung von sich zu weisen und das machen Menschen in einer Demokratie wie unserer sehr gerne, selbst die gewählten Volksvertreter.
Ich halte das für Blödsinn. Könnte es effektivere Systeme geben um die Herrschaft des Volkes umzusetzen als unsere repäsentative Demokratie? Ja bestimmt.
Wäre die Politik der Regierung deutlich anders hätten die grünen einen wesentlich größeren Anteil der Stimmen im aktuellen System bekommen hätten? Ganz sicherlich.
Nur weil das System nicht perfekt ist, heißt das nicht, dass man jede Verantwortung von sich weisen kann.
Ganz abgesehen davon ging es mir in meinem Kommentar um dieses Zitat im Kommentar weiter oben:
Der ganze Kommentar ziel darauf ab zu zeigen, dass der persönliche Einfluss auf den CO2-Fußabdruck eher gering ist weil eine nebulöse “Politik” einen hohen Verbrauch erzwingt, den sich alle Deutschen teilen müssen. Jetzt haben aber eben viele Deutsche genau diese Politik gewählt und jeder dieser Wähler ist dafür verantwortlich, dass unser kollektiver Fußabdruck so groß ist. Ja das muss die Politik regeln, aber wie die Politik das regelt hängt ganz maßgeblich an den Wahlentscheidungen von uns Einzelpersonen in der Vergangenheit und in der näheren Zukunft.
Ich möchte nicht die Verantwortung von mir weisen, die habe ich durchaus. Aber ich finde, wir sollten uns keine Illusionen machen, dass die Politik uns da weiterbringen kann. Zu radikal sind die notwendigen Systemänderungen. Umso grösser ist unsere Verantwortung, in Zeiten der Multikrise zueinander zu finden und langsam ein neues Wertesystem zu etablieren. Ich sehe die Menschheit eher als eine Art Pilz, der im Kollektiv wachsen kann als einen Wald in dem alle Bäume um die Wette wachsen um einen Platz an der Sonne zu ergattern.
Und zum CO2-Fussabruck: Der wurde von BP entwickelt mit dem einzigen Ziel, die Verantwortung von der Industrie auf das Individuum abzulenken.
Das klingt gut aber was heißt das denn konkret? Dass wir eine neue Art brauchen Politik zu machen in der sich alle einbringen können und mitbestimmen? Außerdem finde ich beißt sich das “radikale Änderungen” mit dem “langsam ein neues Wertesystem zu etablieren”
Ich weiß. Das heißt aber nicht, dass wir nicht trotzdem als Kollektiv über die Politik Einfluss darauf haben was zumindest Deutsche Konzerne dürfen und was sie nicht dürfen. Und das was sie dürfen müssen wir uns alle anlasten lassen.
Das lasse ich eigentlich bewusst lieber offen, da es einen gesellschaftlichen Prozess braucht in den sich alle irgendwie einbringen können. Aber wenn du schon fragst: Für mich heisst das, dass der Stellenwert der Politik sich verändert: Die Mitbestimmung wird massiv ausgebaut und damit der Druck, sich in jedem Detail beteiligen zu müssen. Ich stelle mir so eine Art Onlineforum vor, indem über Sachfragen diskutiert und abgestimmt wird. Ein Parlament braucht es dann höchstens in Form von Delegiertenversammlungen, Kommissionen und Arbeitsgruppen mit wechselnder Besetzung. Das Ego wird minimiert und die Sache in den Vordergrund gestellt. Das ganze funktioniert von klein nach gross und natürlich ist das Teilnahmerecht nicht durch Nationalität, Alter, Behinderung eingeschränkt.
Ich verstehe was du meinst. Im historischen Kontext ist langsam aber doch auch ziemlich schnell. Due französische Revolution hat auch nicht einfach so plötzlich stattgefunden.
Absolut. Es ist halt einfach schwierig, die Verantwortung für andere mitzutragen. Damit können manche nicht gut mit umgehen, was zu unnötigen Missstimmungen führt. Die dafür aufgewendete Energie könnte auch konstruktiv genutzt werden.
Ich hab so meine Probleme mit der Basisdemokratie (danach klingt dein Text zumindest ein bisschen?). Die fangen schon damit an, dass ich grundsätzlich faul bin und es eigentlich ok finde meine politischen Interessen vertreten zu lassen. Andererseits finde ich auch, dass nicht jeder zu jedem Thema etwas sinnvolles beizutragen hat. Die Moderation dieser Diskussion wird sehr sehr schwierig werden. Ich vermute, dass sich dabei die Macht dann bei einigen wenigen “Experten” pro Thema konzentrieren wird die aber natürlich auch immer ihre eigenen Interessen im Hinterkopf haben werden.
Ganz zu schweigen von dem aktuelle fehlenden Zugang zu politischem Diskurs und Bildung in weiten Teilen der Bevölkerung den man aufbauen müsste. Zusätzlich hat auch nur eine bestimmte privilegierte Schicht die Zeit sich neben dem Erwerb noch in Themen einzuarbeiten und sich politisch einzubringen. Ich sehe auch hier großes Potential für eine ungleichheit in der Durchsetzungskraft von Interessen ganzer Schichten.
Ich persönlich finde, dass das Berufspolitikertum abgeschafft gehört. MdB/MdL sollten auch eine beschränkte Amtszeit haben, das wäre schonmal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich finde wir sollten das Konzept von Bürgerräten weiter treiben, mit vergüteter Freistellung von der Arbeit in dem Zeitraum etc etc.
Fair.
Glaub mir ich bin auch nicht glücklich mit allem was so politisch läuft bei uns im Land. Aber so läuft unser System halt grade. Sich da einfach wegzuducken gilt mMn einfach nicht.
Wie gesagt. Das muss sich alles in einem gesellschaftlichen Prozess entwickeln, muss ja nicht alles nach mir gehen. Ich finde den basaisdemokratischen Ansatz (kannst du wohl schon so nennen, denke ich) halt schon auch gut, gerade wenn du dich nicht um alles kümmern musst. Statt von einzelnen Abgeordneten wirst du dann von der Allgemeinheit vertreten.
Ich finde auch du machst es dir etwas gar einfach wenn du sagst, du seist zu faul um an basisdemokratischen Prozessen teilzunehmen aber gleichzeitig andere Leute dafür kritisierst, dass sie nicht für Konzerne die Verantwortung übernehmen wollen, bei denen sie, wenn überhaupt, nur sehr sehr beschränkt mitbestimmen können.
Du wirtst dann von dem Teil der Allgemeinheit vertreten, die die Ressourcen haben sich im Prozess maßgeblich einzubringen. Ob das dann wirklich deine Interessen vertritt würde ich zumindest mal mit nem Fragezeichen versehen.
Ich sage, dass die Leute die Verantwortung dafür tragen, welche Rahmenbedingungen ihre Vertreter den Konzernen setzen. Dafür muss man sich nicht wirklich anstrengen oder einbringen, man muss “nur” die richtigen Leute wählen. Ich gebe zu, dass das keine leichte Entscheidung ist weil kein Vertreter exakt die eigene Meinung vertritt und man dann priorisieren muss. Aber auch diese Priorisierung die andere Leute treffen kann ich kritisieren.
Du zitierst hier nur den zweiten Teil und unterschlägst den ersten. Ich sage, dass die Stoßrichtung der LG Proteste problematisch ist. Man kann nicht Leute für etwas persönlich verantwortlich machen, das sie nicht ändern können.
Du kannst den Hamster nicht dafür verantwortlich machen, dass er im Hamsterrad läuft. Er könnte ja aufhören zu laufen! Ja, könnte er. Aber dadurch ist das Hamsterrad nicht weg.
Rahmenbedingungen kann nur die Politik ändern. Hat man als Einzelner Einfluss auf die Politik? Ja, einen großen lokal, einen geringen in Deutschland und einen mikrometer in Europa.
Kurz man hat als Individuum einen geringen Einfluss (Wahl alle 4 Jahre) auf einen guten CO2 Fussabdruck. Kein Wunder das die LG nicht gut ankommt.
Warum beschränken die sich nicht auf Blockaden von Politikern und Drecksschleudern? Warum die Straßen? Das macht doch offensichtlich keinen Sinn.
Ich finde die Gründe der LG und die Gruppe gut. Sagar schon gespendet. Aber die verrennen sich doch total. Mal nen Lessons Learned Workshop täte denen gut.
Mein Argument war das Folgende:
Die Deutsche Bevölkerung hat die aktuelle Regierung und Opposition gewählt. Das haben wir alle zusammen so zu verantworten. Die Politiker machen eine Politik, die die LG dazu bewegt sich selbst bei Minusgraden auf die Straße zu stellen. Es läuft also ofensichtlich sehr schief mit dem was die aktuelle gewählte politische Machtverteilung produziert. Wie du richtig sagst bringt es wenig bis nichts alleine zu handeln, das müssen wir alle gemeinsam machen.
Weißt du wer nicht mitzieht bei effektivem Klimaschutz? Ungefähr alle die im Stau stehen. Nicht alle, ja, da stehen auch immer ein paar wenige Unschuldige aber da stehen insbesondere Wähler, die so gewählt haben, dass effektiver Klimaschutz nicht durchsetzbar ist. (Die sind natürlich auch sonst überall z.B. in der Bahn, aber das Auto ist eben ein Symbol auf beiden Seiten des Konflikts)
Die Politiker wiederum sind ein schlechtes Ziel für den Protest:
Nur Drecksschleudern zu blockieren fände ich gut aber wie willst du das denn bitte umsetzen? Die mit den Dreckschleudern werden doch den Teufel tun und die sauberen im Stau nach vorne lassen.
Deswegen richtet sich der Protest auch nicht gegen Einzelne sondern gegen die gesamte Bevölkerung die alle zusammen so wählen wie sie wählen. Aber jeder einzelne der sich entschieden hat gegen Klimaschutz zu stimmen (oder meinetwegen ein anderes Thema wichtiger fand als Klimaschutz bei seiner Wahl) muss sichg bewusst machen, dass er mit Schuld ist an der aktuellen Politik.
Zusammenfassend würde ich dir widersprechen: Die Leute können ihr Wahlverahalten ändern. Bald sind Landtagswahlen und nächstes Jahr Bundestagswahlen. Bis jetzt haben sich ein sehr großer Teil der betroffenen des Protests gegen einen effektiven Klimaschutz entschieden bei ihrer Wahl. Damit machen sie sich zu mitschuldigen und sind mMn legitime Ziele von Protest.
Das sehe ich komplett anders: Wir oben geschrieben habe ich persönlich wenig Einfluss meinen persönlichen CO2 Verbrauch maßgeblich zu reduzieren. Ein paar Stellschrauben sind möglich aber nicht die großen entscheidenden Brocken.
Als Wähler habe ich einen indirekten und sehr kleinen Einfluss alle 4 Jahre.
Trotzdem werde ich in Gemeinschaftshaftung durch LG genommen für Punkte die ich nicht oder nur marginalst ändern kann. Es ist also kein Wunder, dass diese Schuld und Sühne Aktionen bei den Leuten sauer aufstößt.
Da finde ich die Aktionen von Ende Gelände viel zielgerichteter weil es auf die Dreckschleudern fokussiert ist. LG täte mal ein Lessons Learned Workshop gut, wenn sie was bewegen wollen. Anstatt jetzt trotzig mit Papptraktoren rumzusitzen. Das ist kindisch.
Du bist aber wie gesagt nicht als Einzelner Ziel des Protests sonder als Teil des deutschen Machthabers: dem Volk. Natürlich wirst du dann mit in die Verantwortung gezogen, denn wir alle sind zusammen verantwortlich für den Bums hier, genauso wie die Leute vor und hinter dir im Stau.
Was kindisch ist, sind die Reaktionen der Leute auf den Protest.
Was sagst du dann den Nichtwählern? Also Kindern, Jugendlichen, EU-Ausländern, Nicht-EU-Ausländern? Und was sagst du dann den vielen Rentnern, denen das Wumpe ist wenn Stau ist? Wie willst du die dann bestrafen?
Die Argumentation ist echt krude, da sie einen Einfluss voraussetzt der nicht vorhanden ist. Er setzt auch eine Präsenz vom Klima bei Wahlentscheidungen voraus, die auch nicht gegeben ist.
Finde ich absolut Null überzeugend
Wer im Alltag kein Auto fährt, ist von den Protesten nicht betroffen. Ich finde sie z.B. eher amüsant.
Es trifft also zumindest diejenigen, die nicht Teil der Lösung des Problems sind.
(Und bevor die üblichen Antworten kommen: Ich wohne in einer Kleinstadt am Waldrand auf einem Hügel, bin vollzeit-angestellter Steuerzahler und habe Kinder. Ich habe mich halt bewusst für ein autofreies Leben entschieden.)
So wie alle Nichtwähler dann auch. Solche wie Kinder, Jugendlichen, EU-Ausländer, Nicht-EU-Ausländer, Touristen, und und und Denn Rentnern aufm Kreuzfahrtschiff ist es Wimpe wenn es Stau gibt. Die haben ja Zeit. Die Rentner sind die Wahlmehrheit.
Halt Gemeinschaftshaftung
Prinzipiell ist unsere Parlamentarische Demokratie gar nicht so schlecht. Das Problem ist halt, dass Firmen, welche kein Interesse an Klimaschutz haben, im großen Stil
KorruptionLobbyismus betreiben.Da stimme ich dir zu. Die Demokratie ist halt einfach nicht das was sie vorgibt zu sein: Sie muss sich der Wirtschaft und dem Wachstum bedingungslos unterordnen. Das ist systematisch und hat eine lange Tradition. Das heisst auch, dass die Anti-Klima-Lobby (öl, auto, etc.) nicht einfach nur böse ist, sondern schlussendlich auch unseren materiellen Wohlstand gewährleistet. Diese Verbindung kannst du weder mit Wählen noch mit individuellen Konsumentscheidungen aufbrechen.